Aus der Pfarrchronik Anfang 19. Jahrhundert - Teil 4

 

Blick in die Geschichte der Pfarrgemeinde und des Ortes - Teil 4

 

Was ereignete sich vor 100 Jahren in Miltach und was bewegte die Menschen,die zum größten Teil noch von der Landwirtschaft lebten oder als kleine Handwerker ihren Lebensunterhalt verdienten? Notiert hat dies 1923 in schwer lesbarer Handschrift der damalige Seelsorger des Dorfes, das zu dieser Zeit 640 Einwohner zählte. Er wählte dafür eine Art Tagebuch. Der Erste Weltkrieg lag erst knapp fünf Jahre zurück und die unselige Inflation steuert auf ihren Höhepunkt zu. Die wirtschaftliche Lage mit einer hohen Arbeitslosigkeit war erdrückend. Der Priester hielt nicht nur die Ereignisse im Dorf fest, sondern auch die politische Situation in Deutschland und der Welt, so  auch den Einmarsch der französischen und belgischen Truppen in das Ruhrgebiet.

 

Nach seinen Angaben erhielt Holzgartner von 13 Beerdigungen im Vorjahr 5252 Mark an Stolgebühren. Allein die Kollekte am Wendelinfest brachte die hohe Summe von 700 Mark. Befremdlich ist bei seiner Dokumentation, dass er keine Notiz hinterlässt, dass im Frühjahr 1923 im Nebenzimmer des Gasthauses Brunner die Gründungsversammlung des Fußballclub Miltach stattfand.

 

Kirche Miltach um 1950
Anno Domini 1923:

18. Januar 1923: Das neue Jahr fängt schlimm an. Die Franzosen haben es wirklich gewagt, das Ruhrgebiet zu besetzen und ob es dabei bleibt? Die Polen, Tschechen, Ungarn, Griechen – alle rüsten auf. Wird 1923 wieder ein Blutjahr? Der Dollar steht heute auf 20 000 Mark, ist also in wenigen Tagen um 10 000 Mark gestiegen.

 

19. Januar 1923: Gestern traf die Nachricht ein, dass die Hauptlehrerin Anna Berger von der Regierung pensioniert worden ist. Berger erhob dagegen Einspruch! Die Gemeinde hatte wegen fortgesetzter Zanksucht und Rechthaberei gegenüber der Regierung  mit dem Schulstreik gedroht. Als Aushilfslehrerin ist N. Obermaier von Bogen eingetroffen und für Hauptlehrer Georg Trenner ist als Aushilfslehrer N. Geigenberger aus Gölsbrunn nun in Miltach tätig.

 

Gotische Kirchendecke: Am Montag, 22. Januar, übersandte ich zwei Musterausschnitte aus dem Plafond  unserer Kirche mit spätgotischen Rankenmustern an Professor Dr. Keim, um dieselben dem städtischen Museum Straubing einzuverleiben. Zwei Bilder auf Leinwand mit den Abbildungen von Isak Heinrich von Schönprunn und seiner Gattin Maria Jacobe hat Dr. Schmutzer schon vor Jahren dorthin vermacht.

 

Endlich ist auch das Buch „Kunstdenkmäler von Bayern – Bezirksamt Kötzting“ erschienen. Es kostet 2 200 Mark, ursprünglich 6,00 Mark. Die Ausstattung ist die gleiche wie bei den übrigen des Landes. Das Dorf Miltach ist ziemlich ausführlich behandelt. Bei Heitzelsberg ist vom früheren Schloss nichts erwähnt.

 

19. Februar 1923: Gestern war in Miltach eine gut besuchte Versammlung im Bräuhaus wegen des drohenden Tschecheneinfalls. Der Veranstalter war die „Deutsche Wacht“ sowie „Reich und Bayern“. Als Redner sprach Professor Held aus Passau. Seiner Meinung nach glaube er nicht an einen Einfall. Dies sagte er nach der Versammlung. „Das ganze war ein Schlag ins Wasser“.

 

 

Auswanderung

Im Lauf des Februar und März sind ausgewandert: Karolina Weber  („Würholm“) Anzenberg; weiter die Brücer Lamsmann, die hier als Knechte dienten. Alle nach Nordamerika. Von der Familie Bauer („Hanslmo“) – Heitzelsberg, ist der älteste Sohn ebenfalls ausgewandert. Der Bahnarbeiter Aumeier hat sich neben dem letzten Haus von Miltach nach Oberndorf ein kleines Häuschen gebaut. Es ist im Rohbau vor Ostern noch fertig geworden. Das Material hatte er wegen der Teuerung schon im Herbst und Winter gekauft.

 

Am Mittwoch den 28. März kam der Kanzelaufbau und die übrigen Verzierungen sowie die drei Statuen zu den Altären nach der Renovierung durch Kunstmaler Stoiber, Kötzting, zurück.

 

Am Montag, 26. März, ist der für Miltach neue Lehrer Putz mit seinen Möbeln hier eingetroffen. Er unterrichtete 14 Jahre in Krailing (bei Viechtach). Seine Frau (geb. Penzkofer) war früher Lehrerin in Blaibach.

 

Am 8. April 1923 feierte mein Pfarrnachbar Karl Wurm in Zandt im Bräuhaus seinen Abschied. Ich wohnte demselben auch einige Stunden bei. Es waren die Lehrer von Zandt und Harrling da mit ihren Frauen. Expositus Stauber von Harrling hielt die Abschiedsrede. Am 9. April wird Wurm auf seine neue Pfarrei Adertshausen (Dekanat Allersberg) abziehen, vorläufig als Pfarrprovisor. Er wirkte 11 Jahre lang segensreich in Zandt. Sein Nachfolger wird Friedrich Betthausen aus Stadlern. 

 

21. April 1923: Heute hat Maler Stoiber die letzten Ausstattungsstücke für die Altäre gebracht: Blumen, Quasten, Seitenverzierungen und Blumengehänge der Kanzel.

 

11. Mai 1923: Heute hat Dachdecker Franz Weiß aus Rötz die verbogenen Blitzableiterstangen mit Turmgockel, ein Andenken an den furchtbaren Sturm vom 8. August 1922, wieder gerade gerichtet und das Dach auf der Turmkuppel und der Kirche ausgebessert. Die Arbeit dauerte drei Tage: Kosten 126 000 Mark, Hilfsarbeiterlohn: 34 000 Mark.

 

 

Brandunglück

16. Mai 1923: Brandunglück. Heute früh um 7 Uhr ist das ganz aus Holz bestehende Wohnhaus samt Scheune des Söldners Johann Zankl abgebrannt. Der Brand ereignete sich so schnell, dass dabei zwei Schweine, sieben Betten, sämtliche Kleiderschränke mit Sonntagskleidung und Bettgestelle nicht mehr gerettet werden konnten. Zum Glück ist der Brandleider in der Baunotversicherung. Es war ein furchtbares Feuer, das bereits bis um 8 Uhr alles vernichtet hat. Bei dieser entsetzlichen Teuerung ein bitteres Unglück für eine so kinderreiche Familie.

 

Beichtzettelsammlung 1923:  Insgesamt erbrachte sie 788 Eier, das Stück 240 Mark, 189 120 Mark. Drei Familien haben sich geweigert, Eier herzugeben, andere haben dafür statt des Beichtzettelgeldes Eier gegeben. Mein begleitender Träger erhielt 10 000 Mark. Drei mal sind wir in Gasthäuser eingekehrt.

 

17. Juni 1923: In der vergangenen Woche wurden die Kirchenbänke von Maler Stoiber neu gestrichen. Nächste Woche werden sie noch in der Farbe „dunkeleiche“ lasiert und lackiert.

 

7. Juli 1923: Das am 16. Mai abgebrannte Anwesen von Hans Zankl ist wieder neu aus der Asche entstanden, wenn auch auf einem anderen Platz, aber nicht weit von der alten Stelle. Der Stadel wurde noch im Juni aufgestellt und das Hausdach wird in diesen Tagen fertig gedeckt. Der Brandleider hat von den heimischen Bauern viel Bauholz geschenkt bekommen.

 

Mit Entschließung des Staatsministeriums für Unterricht und Kultus vom 24. April 1923 wurde im Einverständnis mit dem Bischöflichen Ordinariat Regensburg die Umpfarrung der Anwesen Nr. 1,    1 ½ und 2 der Ortschaft Eben aus der Pfarrei Moosbach in die Pfarrei Chamerau (Expositur Miltach) genehmigt und mit Wirkung vom 16. Juni 1923 oberhirtlich vollzogen.

 

1. August 1923: Gestern hat uns die Hauptlehrerin Anna Berger verlassen. Sie kommt nach Hunderdorf. Die Regierung hat sie Anfang Januar pensioniert, das Ministerium hat die Pensionierung aber nicht bestätigt. Hoffentlich wird jetzt Ruhe einkehren und das Prozessieren endlich aufhören!!

 

1. September 1923: Von heute an kostet ein Brief 75 000 Mark, seit 20. August 20 000 Mark, bis dorthin 400 Mark. Ab 20. September beträgt das Porto für eine Postkarte 100 000 Mark, ein Fernbrief 250 000. Für 1. Oktober ist bereits wieder eine Erhöhung in Aussicht genommen: 2 Millionen.

 

19. September 1923: Großhandelspreise in München per Zentner: Roggen 210 bis 230 Millionen, Weizen 280 bis 300 Millionen. Holzpreis: 1 Festmeter Fichte Langholz I. Klasse 300 Millionen und darüber.

 

24. September 1923: Gestern hat die Gemeinde Miltach die neue Feuerspritze übernommen. Sie wurde in Bayreuth hergestellt und kostet 268 Zentner Hafer.

 

3. Oktober 1923: Als Nachfolgerin für Lehrerin Anna Berger ist Fräulein Luise Hoffmann von Schaufling eingetroffen.

 

Martiniritt Miltach

13. Oktober 1923: Diesen Samstag haben Herr und Frau Achtelstetter (Maler) aus Loifling bei Cham unser neues rechtes Seitenaltarbild gebracht. Dasselbe stellt dar wie das Herz-Jesu der Hl. Gertrud erscheint und ihr den Auftrag gibt, die eingefangenen Offenbarungen in dem Buch: „Gesandter der göttlichen Liebe“ niederzuschreiben. Der Künstler hat das Buch von Sintzel über die Offenbarung der Hl. Gertrud als Anregung genommen.

 

Das Bild ist wohl als Ganzes als gelungen zu bezeichnen. Die Farbgebung ist gleichheitlich, nur die Figur des Heilands ist zu klein, es sollte ja ein Herz-Jesu-Bild und kein Gertrudbild werden. Der Gesichtsausdruck des Heilands lässt ebenfalls zu wünschen übrig. Früher  befand sich am rechten Seitenaltar der Hl. Nikolaus von Myra. Das Bild aus Leinen war aber defekt, mit mehreren Löchern und Stockflecken versehen. Maler Georg Achtelstetter will für die Anfertigung des Bildes Lebensmittel, die er im Pfarrbereich selber einsammeln will.

 

16. Oktober 1923: In der vergangenen Nacht, 10 ½ Uhr ist der Stadel von Andreas Früchtl, Hausname „Voitl“, mit allen Wagen, Maschinen, Geräten und Futtervorräten vollständig niedergebrannt. Es liegt sicher Brandstiftung vor, nachdem kurz vorher auch schon ein Strohhaufen auf seinem Feld niedergebrannt ist.

 

17. Oktober 1923: Heute konnte unter Führung von Dr. Richard Oertel das von ihm erworbene Schloss Miltach besichtigt werden. Dabei waren auch die Geistlichen aus Rattenberg, Chamerau, Runding, Zandt, Harrling und Vilzing. Durch Ministerialentschließung wurde die ganze Ortschaftsgemarkung Untervierau nach Miltach eingepfarrt. Die Mitteilung vom Bezirksamt Kötzting traf am 17. Oktober ein. Die Caritassammlung, die Mesner Zistler durchführte, brachte folgendes Ergebnis: Kartoffel 13 Zentner, Korn 3 Zentner, Obst 10 Pfund, Geld 25 Millionen Mark.

 

In der Woche nach dem Allerweltskirta nahm Georg Achtelstetter, der im Verlauf der Kirchenrenovierung 3 Altarbilder schuf, die vorher mit der Kirchenverwaltung vereinbarte Lebensmittelsammlung vor. Es brachte für ihn folgendes Ergebnis: 4 Zentner Korn (a.141 Milliarden  Mark), 7 Schilling Eier (= 210 Stück), ½ Zentner Kartoffel, etwas Obst und ein Pfund Schmalz/Fett.

 

 

Martini 1923

Bei herrlichem Sonnenschein und wolkenlosen Himmel konnte heuer Martini gefeiert werden. Am Umritt beteiligten sich 64 Reiter, im Vorjahr waren es 41 Teilnehmer. 59 Pferde gingen vor der Fußprozession, 5 dahinter. Darunter waren die 3 Jubelreiter, die mit Fähnchen ausgezeichnet wurden. Expositus Holzgartner saß selbst im Sattel auf einem fuchsfarbenen Pferd. Es trug zu dieser großen Beteiligung bei, dass 1923 Martini auf einen Sonntag fiel. Ein Jahr vorher kostete die Maß Bier 42 Mark, heuer 40 Milliarden. Die Festpredigt hielt F. Schamberger, Redemptorist, aus Cham. Am Freitag vorher traf die neugefasste Holzfigur des Hl. Martin ein.

 

10. Dezember 1923: Gestern wurde die Gemeindejagd Miltach im Bräuhaus Holzfurtner versteigert. Für den Zuschlag musste Sägewerksbesitzer Andreas Dattler 132 Zentner Hafer leisten.

 

13. Dezember 1923: Abends um 8 Uhr wurde beim Bauern Josef Baumgartner, „beim Antoni“, in Oberndorf, an einer Reihe Reisigbündel, die am Stadel angeschlichtet waren, Feuer gelegt. Zum Glück bemerkte es der Knecht Heinrich Lex noch rechtzeitig, so dass es noch mit Eimern gelöscht werden konnte.

 

20. Dezember 1923: Die Preise gehen jetzt endlich allgemein rückwärts, für landwirtschaftliche Erzeugnisse fast zu stark: 1 Zentner Hafer kostet 4 Mark, Korn 6 Mark, Weizen 8 Mark. Am 20. November war die Rechnerei mit den großen Zahlen zu Ende. Die Regierung machte einen radikalen Schnitt. Zwölf Nullen fielen unter den Tisch. Eine Billion Papiermark wurden zu einer Rentenmark.

 

27. Dezember 1923: Seit Freitag, 21. 12. hat es bis gestern ununterbrochen geschneit. Die Wege sind alle verweht. Am 30. 12. betrug die Schneehöhe etwa 40 Zentimeter. Am Silvesterabend fiel das Thermometer auf Minus 22 Grad.

 

Das „Baderhaus“ am St. Martinsplatz, jetzt Pankratz. (Repro: Erwin Vogl, von Mittelbayerische Zeitung)

„Januar 1924: Caritassammlung. Die im Spätherbst vorgenommene Caritassammlung brachte folgendes Ergebnis: 22 Zentner Kartoffel, 50 Pfund Äpfel, 800 Mark an Geldspenden. Die Gebefreudigkeit war nicht sehr groß und zwar manchmal besonders bei solchen Familien, die es hätten. Im Nachtrag schreibt der Expositus über die Einnahmen 1923 aus Stolgebühren, das sind Einnahmen, die nicht in die Kirchenkasse fließen, sondern ihm persönlich gehören. Für 47 Taufen erhält er 5 000 000 000 000 Mark und für 6 Hochzeiten 10 500 000 000 000 Mark. Diese Summen muten astronomisch und absurd an, aber im Vorjahr erreichte die Inflation ihren Höhepunkt bis endlich im Oktober 1923 die „Rentenmark“ in Deutschland eingeführt wurde. 

18. Januar 1924: Nachmission. In der Zeit vom Sonntag den 13.1. bis 17.1. fand hier die heilige Nachmission statt und zwar durch die Chamer Retemtoristenpatres Schleinkofer, Edenhofer und Glockner. Die beiden Letztgenannten predigten sehr eindrucksvoll und zogen „richtig vom Leder“. Pater Glockner predigte besonders fesselnd. Der Besuch der Predigten nahm von Tag zu Tag zu, er war fast besser als bei der eigentlichen Volksmission im Spätherbst 1921. Bei den vier Generalkommunionen beteiligten sich alle Kommunikanten bis auf etwa 35 Personen, die fernblieben. Im Ganzen wurden an diesen 5 Tagen rund 1 500 Kommunionen gespendet.

 

In der Woche vorher hielt ich die Flachskollektur und die Sammlung für die Nachmission. Letztere ergab in bar: 79 Rentenmark. An Lebensmitteln ich: 1 Gans, 1 Gockerl, 4 Köpfl Schmalz sowie Butter, Eier und Milch im Wert von ca. 40 Mark. Die Missionare erhielten 70 Mark, eine Gans und weitere Kleinigkeiten. Die Kosten für Chor, Mesner und Ministranten beliefen sich auf 45 Mark. Beichtgehört wurde wieder in den zwei Schulhäusern. Herr Hauptlehrer Putz stellte für Pater Schleinkofer sein Gästezimmer zur Verfügung. Ein Schulzimmer wurde als Warteraum für Beichtende geheizt. Von den Beichtenden waren es nur die ledigen Frauenzimmer, die sich ungezogen aufführten beim Anstehen. Als Pfarrer wäre es mir lieber gewesen, wenn die Kirche zum Beichten benützt worden wäre. Bei der Schlusspredigt war die Kirche fast bis auf den letzten Platz besetzt – ein arges Gedränge! Sechs Vereine, 3 Feuerwehren, Veteranenverein, Josefiverein und Mütterverein beteiligten sich an der großen Schlussprozession, die bei prächtigem, klarem Winterwetter stattfand. „Gott gebe Wachstum“, fügte er in Latein dem Resümee an.

 

Volksbegehren. 

Vom 28. Januar bis 17. Februar waren die Einschreibelisten für das Volksbegehren: a.) bezüglich der Landtagsauflösung, b.) bezüglich der Änderung der Bayerischen Verfassung, ausgelegt. Gegen dieses Volksbegehren setzte besonders von Seite des Bauernbundes eine starke Agitation ein. Es haben unterschrieben: Von Oberndorf 33 (bei 120 Wahlberechtigten), von Miltach: 61 (bei 180 Wahlberechtigten). Im Land stimmten 1 200 000 dafür, also mehr als 300 000 die notwendig waren.

 

Ein Schulbild mit mehr als 90 Kindern, rechts Expositus Holzgartner. (Repro: Erwin Vogl, Mittelbayerische Zeitung, Rabenhof)
Ein strenger Winter

20. Februar: Heute erhielt ich folgendes Schreiben: Vorläufige Mitteilung – Das Staatsministerium für Unterricht und Kultus hat die Katholische Pfarrei Loitzendorf, Bezirksamt Bogen, dem Priester Karl Holzgartner, zur Zeit Expositus in Miltach, Bezirksamt Kötzting, durch Ministerialentschließung übertragen. Loitzendorf ist durch den am 25. November 1923 eingetretenen Tod von Pfarrer Frank frei geworden. Mitte Januar war Schluss des Bewerbungstermins für die Neubesetzung. Ich erhalte eine eigene Pfarrei bereits im Alter von 45 Jahren und 21 Jahre nach meiner Priesterweihe. 

 

28. Februar 1924: Der zu Ende gehende Winter kann als „Schneewinter“ bezeichnet werden. Am 17. Dezember 1923 fiel der erste Schnee und nach jedem Schneefall trat neue Kälte ein. Heute war es wieder beißend kalt! So viel Schnee und solche Kälte um diese Zeit hat es seit Menschengedenken nicht gegeben.

 

9. März: In Miltach war die Vertrauensmänner-Versammlung der Volkspartei für die Bezirke Bogen, Viechtach und Kötzting. Als Kandidat wurde Bäckermeister Schefbeck aufgestellt. Die Versammlung war ziemlich gut besucht. Die Landtagswahl findet am 16. April 1924 statt.

 

Ohne feierliche Verabschiedung

16. März 1924: Gestern um 4 Uhr ist die seit November 1921 bestellte Glocke eingetroffen. Sie wiegt 8 Zentner und 46 Pfund, gegossen von Gugg in Straubing. Heute Sonntag nach der Kreuzwegandacht haben wir sie auf einem festlich geschmückten Bruckwagen feierlich vom Bahnhof abgeholt. Zwei weiß gekleidete Mädchen trugen die passenden Gedichte vor, der Kirchenchor sang zur Feierstunde ein Lied, worauf ich eine kleine Rede hielt. Es beteiligte sich eine sehr große Zahl von Pfarrangehörigen. Wir fuhren die Glocke bis unter den Turm! Der Ton ist auf „a“gestimmt, die für Kriegszwecke abgeliefert Vorgängerglocke hatte ein „b“. Am Tag vor dem Feiertag Josefi wurde sie in den Turm gezogen und dort montiert.

 

Am 26. März 1924 wurde ich (Karl Holzgartner) in Regensburg auf meine neue Pfarrei Loitzendorf investiert. Tags darauf beerdigte ich noch die Jungfrau Anna Nagl, 62 Jahre alt, die mir wiederholt aushilfsweise den Haushalt geführt hatte. Mit dem Zug um 3.29 Uhr verließ ich Miltach endgültig. Einen feierlichen Abschied lehnte ich ab!

 

 

Text u. Bilder: Erwin Vogl u. Pfarrgemeinde "St. Martin", Miltach