Die neue Kirche entsteht

 
Vor 40 Jahren:

Ein neues Haus für Gott und Gemeinde

Vor vier Jahrzehnten entstand der Kirchenanbau – Weihe durch Auxiliarbischof Flügel

Von Erwin Vogl

 

Am 21. März 2015 erschien in der Kötztinger Zeitung und hier auf unserer Pfarreihomepage ein Bericht über die Gründe, die zum Teilabbruch der Pfarrkirche "St. Martin" führten. Heute stehen die anschließenden Bauarbeiten bis zum Richtfest am 25. Oktober 1974 im Mittelpunkt. Vier Wochen nach dem Abriss des romanischen Kirchenschiffes begannen die Bagger mit dem Aushub der notwendigen Fundamente. Es war bekannt, dass das Gelände in diesem Bereich sehr feucht war und daher das rasche Vermodern der Knochenteile und Särge sehr hinauszögerte. Immer wieder stießen die Maschinen auf diese Überreste.

Den Sommer über, in dem es viele Regentage gab, wuchsen die fünf Strebepfeiler der beiden Längsseiten trotzdem im Zeitplan nach oben. Das Innere besteht aus bewehrtem Stahlbeton, Außen ließ Architekt Karl Habermann aus Buchendorf bei München, Hartbrandziegel verwenden. Die vordere gotische Giebelwand erhielt aus statischen Gründen eine zusätzliche Verstärkung aus den gleichen roten Steinen. Eine Herausforderung für die Bauleute war die Erstellung der nahezu 20 Meter hohen Rückwand, verstärkt mit zwei Betonstreben.

Kirche Neu

Im Verlauf des Neubaus erfuhr auch der 34 Meter hohe Turm eine gründliche Renovierung. Nach Abnahme des schwarzen Schieferdaches erhielten die schadhaften Balken im Zwiebelturm die notwendigen Ergänzungen und Versteifungen. Nach der Einbretterung arbeiteten Mitarbeiter der Spezialfirma Zambelli in luftiger Höhe, um die Außenseite der Turmkuppel mit Kupferblech zu beschlagen.

Kirche Neu
Kirche Neu

Eine weitere Maßnahme am Turm war das Abschlagen des alten Putzes und die Neuaufbringung einer neuen Schicht. Die Gesimse entstanden wieder nach den Originalen. Das Zifferblatt der Uhr (Größe 1,9 mal 1,9 Meter) ist nach historischen Gesichtspunkten von der Firma Fornika in Sgraffito-Verfahren (Kratzmalerei) gestaltet worden. Am 8. September 1974 konnte die Kirchenverwaltung bereits zur feierlichen Grundsteinlegung einladen.  Im Programm standen der Kirchenzug, ein festlicher Gottesdienst auf dem Baugelände, Ansprachen und die offizielle Grundsteinlegung durch Domkapitular Martin Lehner aus Regensburg. An der Feier nahmen Abordnungen der örtlichen Vereine, sowie Senator Heinrich Eiber, Bezirksrat Rudolf Nemmer, Architekt Habermann, Bauleiter Dipl. Ing. Hans Egon Wörlen aus Passau und Rudolf Gemoll aus Cham, Chef der ausführenden Baufirma, teil. Zum Schluss der Feier erklang das ergreifende Te Deum, in das alle Pfarrangehörigen dankbar einstimmten. Der Grundstein, der in der Westwand eingelassen ist, stammt von dem Bildhauer Wolf Hirtreiter.

 

Textauszüge der eingemauerten Urkunde

„Die Pfarrgemeinde Miltach bemüht sich seit der Jahrhundertwende um die Erweiterung des zu klein gewordenen Gotteshauses. Die Zahl der Pfarrangehörigen wuchs innerhalb von 70 Jahren  von 700 auf 1350. Im Jahr 1972 entschloss sich die Kirchenverwaltung zu einer  Erweiterung des Gotteshauses. Die Baukosten wurden mit 2.195.000 Deutsche Mark veranschlagt. Die Bischöfliche Finanzkammer in Regensburg sagte einen Baukostenzuschuss von 1.800.000 DM zugesagt. Der Bayer. Staat und der Bund haben sich bis heute  mit 44.000 DM an den Baukosten beteiligt. Den Rest der Baukosten, einschließlich der Renovierung der Innenausstattung hat die Pfarrgemeinde Miltach zu leisten. Im Jahr 1974 kostete ein Pfund Brot 1,00 DM und ein Hilfsarbeiter verdiente in einer Stunde etwa 6,00 DM“.

Kirche Neu

Nach diesem denkwürdigen Tag der Grundsteinlegung ging es mit Hochdruck weiter. Die Stahlkonstruktion des Dachstuhles für das mächtige Kirchenschiff lieferte und montierte die Firma Rothgeb aus Lohof bei München. Am 23. September 1974 setzten zwei Autokräne gemeinsam die großdimensionierten Eisenträger auf die zehn seitlichen Pfeiler. Der Holzdachstuhl für den Chorraum (gotisch) fertigte die Zimmerei Otto Körner aus Eschlkam. Nach einem unfallfreien Baufortschritt konnte in einer schlichten Feier am 25. Oktober das Richtfest abgehalten werden. Durch den sehr milden Winter 1974/75 begünstigt, wurde in den folgenden Monaten die Blitzschutzanlage installiert. Da der alte Glockenstuhl aus Holz sehr schadhaft war, kam ein neuer aus verzinkten Stahlwinkelschienen in den Turm. Das Innere des Kirchenschiffes erhielt eine Holzschalung, darunter wurde Isoliermaterial befestigt. Der Graben für das Erdkabel des Stromanschlusses ist von Pfarrangehörigen in Handarbeit erledigt worden.

 

Der weitere Innenausbau mit Verputzen, Verlegen der Fußbodenheizung, Aufstellen von Ambo und Altar aus Granitstein zog sich über das Jahr 1975 hin. Diese modernen Stücke, wie auch Leuchter und Kerzenhalter, stammen von Wolf Hirtreiter aus Gröbenzell. Die barocke Ausstattung aus dem Altbau erfuhr durch den Restaurator Fornika aus Landshut die notwendige farbliche Neufassung. Während der gesamten Umbauphase fanden die Werktagsgottesdienste in einem ungenutzen Schulraum im Rathaus statt. Zu den Sonntagsgottesdiensten versammelten sich die Gläubigen in der Schulturnhalle. Am Samstag, 20. Dezember 1975, konnte der Ortsgeistliche Georg Samhuber erstmals in der erweiterten Kirche einen Gottesdienst zelebrieren. Vorher weihte er in einem einfachen Segensakt den Volksaltar. Der Besuch von Seiten der Pfarrangehörigen  war sehr zahlreich, denn viele davon konnten in den 30 Bänken keinen Sitzplatz mehr erhalten. Die feierliche Konsekration erfolgte am 8. August 1976 durch Auxiliarbischof Karl Flügl.

 

Miltachs Kirchenerweiterung kostete 2,1 Millionen Mark, 15 Prozent musste die Pfarrei aufbringen. Die Landes- und Bundesmittel sind hinter den Erwartungen weit zurückgeblieben. Die Pfarrfamilie zeigte sich spendenfreudig, manche Haushalte gaben ein ganzes Monatseinkommen. Die Bischöfliche Finanzkammer war unerwartet großzügig mit ihren Zuwendungen. Möglicherweise hatte Pfarrer Samhuber noch gute Beziehungen zum damaligen Bischöflichen Finanzdirektor Georg Häglsperger, ein Kurskollege von ihm.

Kirche Neu

Seit Fertigstellung des Gotteshauses gab es schon einige Veränderungen am Gebäude. So wurde die Sakristei erweitert, größere Malerarbeiten am Turm und Fassade des Langhauses erfolgten 1982, 1987 und im Vorjahr verbunden mit einer Generalsanierung. Die Schäden durch den Brand am 9. Dezember 1986 am linken Seitenaltar konnten glücklicherweise durch Ergänzungen behoben werden.

 

Miltach - 1974 vom Kirchturm aus gesehen

Beim Betrachten der alten Fotos wird ersichtlich, was sich in der Gemeinde in knapp fünf Jahrzehnten verändert hat.

 

Nach dem Abriss des Langhauses der Kirche im Frühjahr 1974 erfolgte durch den anschließenden Neubau eine großzügige Raumerweiterung. Gleichzeitig erhielt der Turm eine umfangreiche Sanierung. Notwendig war dazu ein rundum verlaufendes Baugerüst. Es bot sich somit ein hervorragender Standpunkt für Fotos über Miltachs Dachlandschaft und die nähere Umgebung. Beim Betrachten der alten Fotos wird ersichtlich, was sich in knapp fünf Jahrzehnten verändert hat.

 

Im Vordergrund befindet sich links das Wohnhaus Achatz, ein Ersatzbau für ein früheres kleineres Gebäude. Rechts davon der gemauerte Hühnerstall, Besitzer war die Bäckerei Heinrich Welter. An gleicher Stelle errichtete 1979 der FC Miltach sein Vereinsheim. Der linke Teil der Bahnhofsiedlung ist schon mit zahlreichen Wohngebäuden besetzt.

Miltach Siedlung

Auf der rechten Seite beginnt erst langsam die Bebauung. Das landwirtschaftliche Anwesen Weber, „der Erl“, hat noch keine unmittelbaren Nachbarn. Die Schule an der Bahnhofstraße ist noch mit dem ursprünglichen Flachdach ausgestattet. Ganz rechts oben, am Waldrand, ist der Rohbau von Inge und Xaver Fischer schon so weit, dass der Dachstuhl aufgesetzt werden kann. Ein Schnappschuss gelang dem Fotografen am Samstag, den 7. September 1974. Genau beim Kameraauslösen fuhr ein Güterzug von Konzell-Streifenau kommend, dem Bahnhof Miltach zu. Nach der Diesellok folgte der Packwagen für das Zugbegleitpersonal, dann ein Güterwagen der Firma B+K und anschließend zehn Schotterwagen, die im Privatgleisanschluss Raab &Co mit Gleisschotter beladen wurden.

Im Vordergrund dominiert der Bauernhof von Willi Breu, genannt „Racklschuster“. Jenseits der Bahnlinie steht allein das Anwesen von Friedl Mühlbauer, mit dem Hausnamen „Pfefferhansl“. Die Flur in der Kohlseuge (links) und dem Hochackerl wird noch landwirtschaftlich genützt und ist noch nicht aufgeforstet.

Miltach Dorf
Miltach Dorf

Auch die Aufnahme in Richtung Blaibach zeigt die baulichen Veränderungen seit 1974. Rechts vorne die ESSO-Tankstelle, die Johann Eckl betrieb. Wer kann sich noch daran erinnern, als der freundliche Tankwart jedem Kunden eine „gute Fahrt“ wünschte? Nach dem Straubinger Gleis endete die Bebauung des Dorfes.

Erst später entstanden die Schmiedewerkstätte Kappenberger, die St. Martinsapotheke und das Anwesen Leo Welter. Die Maria-Hilf-Kapelle versteckte sich hinter Pappeln und Büschen. Das kleine, weiße Gebäude vor der Kapellensiedlung enthält die Pumpstation für die Wasserversorgung. Bemerkenswert ist auf dem Bild auch die verkehrsarme Staatsstraße 2140. Auch die Stromständer und Fernsehantennen auf den Dächern sind inzwischen verschwunden.