40 Jahre Fußwallfahrer nach Altötting

Beim Pilgern die Freundschaft und die Gemeinschaft erfahren

40 Jahre Fußwallfahrer aus Miltach nach Altötting

 

Was vor 40 Jahren aus einer Idee heraus geboren wurde, hat sich für so manchen Pilger aus der Pfarrei Miltach und den umliegenden Gemeinden, zwischenzeitlich zu einer langen Tradition entwickelt. Startete man in den ersten Jahren von Straubing aus, beginnen die hiesigen Fußwallfahrer ihre Pilgerschaft jetzt in Miltach und marschieren gut 3 Tage in den 135 Kilometer entfernten Marienwallfahrtsort Altötting.

 

Am vergangenen Sonntag hatten die Pilger ihre Angehörigen, Gönner, Unterstützer und die Gastfamilien, bei denen sie auf ihrem Weg übernachten und verköstigt werden, nach Miltach eingeladen. Es ist schon eine Dankesfeier wert, wenn sich über 40 Jahre lang, Jahr für Jahr, einige Pilger zusammenfinden, um gemeinsam diese Wallfahrt zu bestreiten, bei jedem Wetter. Selbst in Coronazeiten waren sie aktiv, wenn auch nicht in üblicher Form, sondern in Kleingruppen oder mit dem Fahrrad. Beim Dankgottesdienst, den Monsignore Pfarrer Augustin Sperl zelebrierte, war es zu Beginn Josef Prechtl der die Gläubigen begrüßte. In den Fürbitten, vorgetragen von Tobias Bergbauer, wurde in den persönlichen Abliegen der Gläubigen gebetet. An die verstorbenen Weggefährten Max Bücherl und Pfarrer Johann Six wurde bei der Heiligen Messe gedacht. Vor dem Volksaltar haben Pilgerrucksack, Wanderschuhe, eine Trinkflasche und ein Pilgertuch, zusammen mit der Figur der Muttergottes von Altötting, ihren Platz gefunden.

 

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Idee des Pilgerns in die Tat umgesetzt

Im Winter 1982/83 beschloss der damals junge, frischgebackene Bäckermeister Josef Prechtl, sich für seine bestandene Meisterprüfung mit einer Fußwallfahrt zu bedanken. Es sollte der Pilgerweg zum Gnadenort Altötting werden. Bis zur Wallfahrt kurz vor Pfingsten, konnte er über 15 Personen dazu überreden, mit ihm aufzubrechen, nichts ahnend was auf sie zukommt. Fröhlich und gut gelaunt begann die Gruppe ab Straubing ihre erste Wallfahrt mit einem stattlichen Kreuz. Die Miltacher Fußwallfahrer waren geboren. Je mehr Kilometer bewältigt wurden, desto lauter wurde die Frage: „Warum mach ich das eigentlich?“ oder „Einmal und nie wieder!“ Und dann die Übernachtung in der Turnhalle in Eggenfelden mit weiteren 400 Pilgern in einem Raum. Da war an Schlaf nicht zu denken. Am Kapellplatz in Altötting angekommen, war die Freude groß es geschafft zu haben, aber das Ganze nochmal, muss wirklich nicht sein. „Warum sollte ich mir diese Strapazen, ohne größere Sünden, nochmal antun.“ dachte man sich damals. Die Blasen verheilten, die Zeit verging. Mit dem nächsten Frühjahr begannen die Pilger der ersten Wallfahrt, ihre Meinung bezüglich „Einmal und nie wieder“ zu ändern, und sie starteten erneut. Nach dieser zweiten Wallfahrt war klar: „Wenn`s geht, dann gehen wir! Aber der Startpunkt musste angepasst werden, denn man wollte von zu Hause aus weggehen. So wurde der Treffpunkt der ersten Wallfahrt, der Startpunk der neuen Wallfahrt, der „Gschoadbauernhof“ der Familie Prechtl in Miltach. In all den Jahren, und das ist bis heute so geblieben, ist Josef Prechtl sein Elternhaus, der Treff- und Startpunkt der 135 km langen Wallfahrt.

 

Was treibt die Pilger aber an, jährlich 135 km zu Fuß nach Altötting zu pilgern? Woher kommt dieser „Pilgergeist“ - und was ist das Geheimnis dahinter? Bestimmt hat jeder Pilger sein ganz persönliches Anliegen, für das er Fürsprache bei Maria erfleht, oder sich bedanken will: Für überstandenes Leid, oder einfach weil`s einem gut geht. Aber für eine gute und segensreiche Wallfahrt sind gerade die Begegnungen mit den Menschen von sehr großer Bedeutung. Die Pilger untereinander, und die Menschen, denen man während der Wallfahrt begegnet. „Wir Pilger sind bunt zusammengewürfelt, aus Miltach und Umgebung, verschiedene Altersklassen und Berufe. Aber wenn`s ums Pilgern geht, sind wir alle eine tolle Gemeinschaft, die Meter für Meter gemeinsam erkämpft.“ So Franz Prechtl zu seinen persönlichen Erfahrungen beim Pilgern. „Jeder gibt seinen Beitrag für die Gemeinschaft, man kann sich aufeinander verlassen. Es gibt aber auch Menschen auf dieser Pilgerstrecke, die diese Wallfahrt zu etwas ganz Besonderem machen, für uns Pilger zu etwas Einzigartigem. So herzlich und selbstverständlich habt ihr uns vor Jahren als Fremde aufgenommen, um uns zu verköstigen, oder Quartier zu geben, als gehörten wir zur Familie. Sollten wir Pilger auf der Strecke Probleme bekommen, egal welcher Art, egal wo, ein Anruf würde genügen und ihr seid ohne zu zögern zur Stelle. Ein solches selbstloses, zuvorkommendes und liebevolles Handeln konnte ich mir vorher bei einer Wallfahrt nicht vorstellen. Wir können nur „Vergelts Gott“ sagen, aber das kommt von Herzen“, so der Redner bei seinen Dankesworten im Gasthaus Hofmann. „Ihr könnt sicher sein, eure Anliegen sind unsere Anliegen, und haben auf unserer Wallfahrt immer ihren Platz.“

 

Der Dank von Franz Prechtl ging an die Partner und Familienangehörigen, die zu Hause die Stellung halten. Ohne sie wäre ein Loslassen des Alltags bei der Fußwallfahrt nicht möglich. Den treuen Pilgerfreunden, die mit ihm bei jedem Wetter Jahr für Jahr aufbrechen. Ein Dankeschön ging an den geistlichen Beistand Diakon Martin Peintinger für den Pilgersegen und die Begleitung - auch online. „Es tut gut, wenn man weiß, da ist jemand der mit uns mitfühlt und beisteht.“ Aber vor allem auch liebe Freunde entlang der Strecke: „Ihr sorgt und versorgt uns auf der ganzen Strecke. Wir wissen, dass das nicht selbstverständlich ist. Aus Fremden sind gute Freunde geworden. Danke für dieses Vertrauen.“ Mit einem kleinen Erinnerungsgeschenk an die Teilnehmer des Tages, bedankten sich die Miltacher Fußwallfahrer. Jeder erhielt ein kleines Fläschchen „Miltacher Pilgergeist“ überreicht und mit dem Pilgerspruch: „Maria mit dem Kinde lieb, uns allen deinen Segen gib!“ schloss Prechtl in der Hoffnung auf weiter viele Jahre des gemeinsamen Pilgerns nach Altötting.

 

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Im Gedanken auf dem Pilgerweg

Um den Menschen zuhause die Pilgertour etwas näher zu bringen, lud Franz Prechtl die Zuhörer ein, mit ihm gemeinsam die Wallfahrt, Etappe für Etappe, mitzugehen. „Als erstes müssen wir noch organisatorisches klären, wie vor einer Wallfahrt sonst auch üblich: Wir machen in regelmäßigen Abständen eine Pause, so ca. alle 2 Std., sollte dennoch jemand Probleme bekommen, einfach Bescheid geben, dann legen wir eine Zwischenpause ein. Wir gehen mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von ungefähr 5 km/h. Florian und Reinhard sind für gleichbleibendes Tempo zuständig, nicht das unsere sportlichen Pilger zu flott unterwegs sind. Da kommt ja unsereins nicht mehr mit. Also los geht’s, unsere Wallfahrt beginnt wie üblich um 7.30 Uhr in Miltach auf dem Gschoadbauernhof. „Seid’s gschickt? Dann starten wir. Aber halt, da fehlen noch zwei, Tobias und Ivette. Diese zwei starten in Blaibach ihre Tour und haben schon eine Strecke von 5 km zu Fuß hinter sich. Also warten wir etwas. Jetzt sind wir komplett und können nach kurzen einstimmenden Gebeten starten. Nach kurzer Strecke, etwa 5 km, wartet in Altrandsberg bereits unser gut gelaunter Diakon Martin Peintinger und geht ein Stück mit uns. Hier treffen wir auch auf unseren Pilgerfreund Heiner, der mit uns weitermarschiert, wenn nicht zufällig ein rostiger Nagel dazwischenkommt. Aber dann steht er mit frischen Brezen und Humpelbein trotzdem am Treffpunkt. Heiner macht uns unterwegs auf das Wild und die Natur aufmerksam, das ist der unter uns, der mit den Rehen und den Biebern sprechen kann. Mit Blick auf Schloss Altrandsberg stimmt uns Diakon Martin Peintinger liebevoll mit Gebeten und persönlichen Gedanken auf die Wallfahrt ein und spendet zum Schluss den Pilgersegen. Er gibt uns auch eine Aufgabe mit auf den Weg, mit der wir nicht gerechnet haben, die uns aber bis Altötting intensiv beschäftigt. Auf dem Donau-Regen-Radweg geht’s am ersten Tag weiter bis Bärndorf beim Bogenberg. Auf halber Strecke in Haselbach erwartet uns Miltacher Pilger Cilla Six mit einem leckeren Mittagsmahl. Leider verstorben ist inzwischen Pfr. Joh. Six. Dieser war vor einigen Jahren der Seelsorger von Miltach und war mit seiner Schwester Cilla sehr beliebt in Miltach. Beim Weitermarsch in Haselbach begleiten uns beide auf unserem Pilgerweg ein Stück und beten mit uns den Rosenkranz. Vor der Trennung gab Pfr. Six uns stets den Pilgersegen. Nach einigen weiteren Kilometern sind wir im Quartier angekommen. Beim gemeinsamen Abendessen im Wirtshaus sprechen wir nochmal über unseren 1. Tag der Wallfahrt – und wer bereits jetzt schon Blasen vorweisen kann.

 

Am zweiten Tag nach dem gemeinsamen Frühstück wartet bereits Six Sepp auf uns, der Neffe von Cilla und Pfr. Six. Er geht frühmorgens in Haibach weg und pilgert ab jetzt mit uns. Auf unserem Pilgerweg legen wir immer wieder Gebete ein, die Christine vorbereitet hat, oder Stille zum Nachdenken. Auch Marienlieder geben wir zum Besten. Um Punkt 12.00 Uhr stimmt Tobias den Engel des Herrn an. Weiter geht’s über die Donau und durch den Gäuboden. In Straßkirchen angekommen erwarten uns bereits zwei Miltacher, die hier ihre Firma betreiben, sie bitten uns für eine üppige Stärkung zu sich rein, Anita und Reinhard Welter. Ihr Sohn Reinhard jun. ist bereits seit vielen Jahren ab Miltach bei uns. Es fällt uns schwer, unsere Freunde in Straßkirchen nach einer ausgiebigen Pause wieder zu verlassen, aber es muss sein. Weiter geht’s bei sengender Sonne und ohne Schatten durch den Gäuboden. Die Fußsohlen brennen, der Schweiß fließt in Strömen und unser Energievorrat geht langsam aber sicher zu Ende. Die Straßen scheinen endlos lang zu sein. Aber in der Ferne erblicken wir eine Ortschaft. Sie gleicht einer Oase in der Wüste. Dort werden wir gleich in Haidenkofen bei Claudia und Georg Buschmied ankommen. Sie versorgen uns im Schatten mit Getränken, einfach herrlich. Vor vielen Jahren haben sie uns buchstäblich von der Straße geholt und zu sich hereingebeten, wahrscheinlich sahen wir damals schon so kaputt aus. Der Getränkevorrat ist wieder aufgefüllt, also geht’s weiter bis zum Nachtlager nach Landau. In Landau angekommen, bedanken wir uns (wie übrigens jeden Tag) mit persönlichen Gedanken und einem kurzem Gebet für diesen Tag, mit allem was er uns geschenkt hat. Heute beim gemeinsamen Abendessen, loten wir aus, wer die größten Blasen vorzeigen kann.

 

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Erinnerung an die Wallfahrt 2013

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Ab Landau marschieren wir am nächsten Tag mit den Straubinger Pilgern weiter, ab hier treffen wir auf unsere langjährigen Freunde aus Cham, Andrea, Erwin und Kurt, sie sind Angehörige von unserem leider verstorbenem Pilgerfreud Max Bücherl und seit vielen Jahren mit dabei. In Haunersdorf angekommen, können wir uns bei einem guten Kaffee bei Hilde und Siegfried Gruber in der lauschigen Laube den letzten Schlaf vertreiben. Über Malgersdorf und Falkenberg geht’s bis Eggenfelden. In Falkenberg, leider auf einem Hügel gelegen, den wir aber gerne hinauf spurten, dürfen wir bei Rosa und Willi Kronberger Kraft schöpfen, bei Kaffee und Kuchen. Als wir vor Jahren in Falkenberg angekommen sind, haben wir ihre Gartenbank entdeckt, und haben sie bis heute nicht mehr ausgelassen. Inzwischen sind wir aber von der Gartenbank in die extra umfunktionierte Garage umgezogen. Das letzte Quartier haben wir bei verschiedenen privaten Spendern in Eggenfelden. Christine, Laura, Tobias und Ivette nächtigen bei Edeltraud Huber, der Mesnerin von Eggenfelden und ihrer Tochter Elisabeth. Die Familie Huber nimmt schon viele Jahre sehr viele Pilger bei sich auf. Für ihre Wallfahrer hat die Traudl, wie sie liebevoll genannt wird, immer einen Platz. Diese Pilger haben bei ihr so eine Art zweite Heimat gefunden und kommen immer wieder gerne zu ihr. Ich verbringe mit 4 bis 5 weiteren Pilgern bei Gerdi und Karl Tändler die letzte Nacht der Wallfahrt. Es ist wie Heim kommen nach einer langen Reise, wenn wir zu Fuß den Ort Hänghub erreichen und beide bereits auf dem Zufahrtsweg auf uns etwas später eintreffenden Pilger mit ausgestreckten Armen warten. Auch hier werden wir, wie überall zuvor auch, sehr liebevoll umsorgt und versorgt. Wenn unsere Kleidung und Schuhe bei Regen durchnässt ist, ist der gute Geist des Hauses zur Stelle, sodass beim Abmarsch wieder alles trocken ist. Auch bei körperlichen Beschwerden sind sie stets zur Stelle.

 

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Um Mitternacht startet in Eggenfelden der letzte Tag der Wallfahrt. Bei Kälte gehen wir durch die Dunkelheit, gemeinsame Gebete und Gesang halten uns wach. Wenn wir bei Neuötting den Inn überschreiten, beginnt der Tag aufzuwachen. Mit letzter Kraft ziehen wir gestärkt von den Menschen und den Eindrücken dieser Wallfahrt in Altötting ein. Wer es bis hier geschafft hat, dem fällt das gehen auf einmal leicht. Jeglicher Ballast fällt wie von Zauberhand ab. Voller Freude, aber mit großen Emotionen in den Augen gehen wir begleitet von lautem Glockengeläut über den Kapellplatz zur Gnadenkapelle und hinunter in die Basilika zur Pilgermesse.

Nach 135 km zu Fuß ist es geschafft, wir haben unser Ziel erreicht! Gott sei Dank ist alles gut gegangen!

 

Text (angepasst): Franz Prechtl, bearbeitet von Christian Röhrl, Miltach

Bilder: Christian Röhrl, Miltach und Fußwallfahrer

 

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Veröffentlichung

Di, 02. Mai 2023

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