Unsere Pfarrgemeinde feiert seinen Pfarrpatron
Der Martiniritt vor sieben Jahrzehnten in unserer Gemeinde
Der Ablauf des Umrittes änderte sich seither wiederholt
Die gravierendste Änderung im Laufe der Jahrhunderte geschah wohl 2020, als der Martiniritt wegen der herrschenden Coronapandemie in einfachster Form abgehalten werden musste. Nur die drei wichtigsten Elemente der eucharistischen Prozession konnten eingehalten werden: die Beteiligung des Priesters mit Monstranz, die Reiterschar, diesmal auf zwei begrenzt, und ebenso das Fußvolk, verkörpert durch den Bürgermeister und den Kirchenpfleger. Am Samstag soll jedoch der Kirchweihtag in Miltach wieder in herkömmlicher Weise gefeiert werden dürfen. Bei einem Rückblick auf den Ablauf vor genau 70 Jahren wird deutlich, dass sich seither doch einiges veränderte, wie dem nachfolgenden Bericht der „Kötztinger Zeitung“ vom 12. November 1951 zu entnehmen ist.
Vor sieben Jahrzehnten
„Miltach. Wenn auch dem Miltacher Flurumritt nicht der gleiche Ruf vorausgeht wie dem Kötztinger Pfingstritt, so ist er doch ein Stück Brauchtum unserer bayerischen Heimat, auf dessen Erhaltung unsere Miltacher großen Wert legen. Während in den früheren Jahren die Beteiligung der Reiter zwischen 10 und 20 lag, hat sich die Zahl der Teilnehmer am Ritt erheblich gesteigert. So zählte man gestern insgesamt 79 schmucke Reiter gegenüber 72 im vorigen Jahr.
Mit Beginn der kirchlichen Feierlichkeit strömten die Besucher und die Reiter aus der nahen und weiteren Umgebung nach Miltach. Festliches Glockengeläute lud die Pfarrgemeinde ins Gotteshaus ein. Der Geistliche wies in seiner Festpredigt auf das gottgefällige Leben des hl. Martinus, dem Kirchenpatron Miltachs, hin. Auch wir sollen in den Armen Christus sehen.
Während des Gottesdienstes hatte sich der Reiterzug in Richtung Kötzting formiert. Nach dem Hochamt bewegte sich ein imposanter Zug unter feierlichem Glockengeläute zum Dorfausgang. Der Prozessionsweg blieb bis auf den heutigen Tag derselbe. Er führt durch die Felder zur rechten Seite der Kötztinger Straße und dann auf ihr zurück zur Kirche. Der Zug wurde angeführt von den Martinireitern, die zur Feier des Tages ihre Pferde mit bunten Papierröschen und Kränzchen geschmückt hatten. Ihnen folgten die Schulkinder mit dem Reiterstandbild des hl. Martinus, der Burschen- und Josefiverein mit den Fahnen und den Freiwilligen Feuerwehren der Gemeinden Miltach, Oberndorf, Eismannsberg u. Anzenberg, Mitglieder des Miltacher Trachtenvereins schlossen sich an. An der Prozession beteiligten sich ferner die Blaskapelle Frisch, der Kirchenchor und die Geistlichkeit, die unter dem Baldachin das Allerheiligste mittrug, gefolgt von einer großen Schar betender Gläubigen. Nach der Lesung des Johannes Evangeliums bei einem aufgestellten Feldaltar auf der Racklschusterwiese bewegte sich der feierliche Zug zurück zum Gotteshaus. Die Reiter schwenkten zum Fußballplatz ein und nahmen dort Aufstellung zum Pferdesegen. Da der Martiniritt gegen Unfälle nicht versichert ist, hat die Kirchenverwaltung im Einvernehmen mit dem Gemeinderat und der Landpolizeistation Miltach aus Gründen der Sicherheit des Verkehrs und der Vermeidung von Unfällen erstmalig heuer diese Neuregelung getroffen. (Bisher nahmen die Reiter unter großem Gedränge vor der Kirche Aufstellung zum Pferdesegen). Der Fußballplatz war für die übrigen Teilnehmer gesperrt. Das Volk hatte Gelegenheit der Handlung von der Bahnhofstraße aus zu folgen. H.H. Pfarrer Georg Samhuber erteilte den Pferdesegen. In einer kurzen Ansprache würdigte der Priester die langjährige Tradition des Rittes, durch dessen Segen der Schutz Gottes nicht nur für die kranken und gesunden Menschen, sondern auch für unsere Tiere, vor allem für das Pferd, gewährleistet sei. Unter den Klängen der Blaskapelle und mit wehenden Fahnen marschierten die Organisationen zu ihren Vereinslokalen, wo bereits zum Kirchweihschmaus und –tanz gerüstet war“.
Soweit der Zeitungsbericht über den Verlauf des Martinirittes am 9. November 1951. Aus dem Artikel über den Verlauf des Festtages geht jedoch nicht zweifelsfrei hervor, ob alle Prozessionsteilnehmer auf der Bahnhofstraße bis zum Sportplatz gingen. Die Sperrung des Fußballplatzes war notwendig, da zu dieser Zeit noch ein öffentlicher und auch regelmäßig benutzter Fahrweg und ein Fußweg darüber verliefen. Der Berichterstatter verwies zweimal auf festliches Glockenläuten, nicht verwunderlich, da erst im April 1951 im Turm das Geläute mit drei neuen Glocken vervollständigt wurde.
Martiniritt: interessante Eckdaten
In geselliger Runde am Stammtisch tauchen immer wieder Fragen über verschiedene Ereignisse auf, zum Beispiel: „wann war das?“. Nicht anders ist es, wenn „Experten“ über den Ablauf oder Änderungen zum Martiniritt diskutieren. Für die zurückliegenden Jahrzehnte soll folgendes festgehalten und dokumentiert werden:
1961 ging der Ritt bis zum Ende der Bahnhofstraße. Diese Route erwies sich nach Zeitungsmeldungen aus verschiedenen Gründen nicht als vorteilhaft.
1968 wurde erstmals das Patroziniumsfest mit Ritt vom eigentlichen Martinstag auf einen Samstag verlegt. Ab nun galt folgende Regelung: Ist der 11. November ein Donnerstag oder Freitag wird der Ritt auf folgenden Samstag verlegt. Ist jedoch der 11. November ein Mittwoch, wird der Martiniritt bereits am vorhergehenden Samstag gehalten.
1974 und 1975 waren die Gottesdienste wegen der Kirchenerweiterung in der Schulturnhalle, die Prozession begann auf der Bahnhofstraße. Die weitere Route verlief über die Waldschmidtstraße zur Racklschusterwiese.
1980 trägt Josef Zistler letztmalig das Reiterkreuz, im folgenden Jahr übernimmt Franz Martin jun. dieses Amt.
1992 gibt es den ersten Teilnehmerrekord mit 212 Reiter. Im gleichen Jahr findet erstmals nach vielen Jahrzehnten die Abschlussfeier wieder am Kirchplatz statt.
1995 besteigt Pfarrer Gotthard Weiß aus Hofkirchen erstmals die Kanzel und predigt beim Festgottesdienst. Dies geschieht dann auch die folgenden Jahren bis 2018.
1996 bildet sich das „Martiniritt-Komitee“ mit der Aufgabe, den Martiniritt organisatorisch vorzubereiten.
1998 wird ein neuer Prozessionsweg eingeführt. Die Reiter ziehen auf dem Radweg bis Tiefental, die geistliche Andacht findet bei der Kapelle statt.
1999 erscheint der Bericht über das Pfarrpatrozinium in der Heimatzeitung erstmalig mit Farbbildern.
2000 erreicht die Reiterzahl mit 254 einen erneuten Rekord.
2001 beschafft die Gemeinde mit finanzieller Unterstützung der Reiter eine Martinsstandarte, die beim Ritt mitgeführt wird.
2006 reitet Generalvikar Michael Fuchs am Umritt mit.
2010 beteiligen sich wegen der Pferdeseuche im Landkreis Cham nur 121 Pferde.
2015 findet die weltliche Feier zum Kirchweihfest erstmals in der Mehrzweckhalle statt.
2019 ist ein Jubiläumsjahr, denn 1719 wird der Umritt erstmals erwähnt. Zum Festtag kam Bischof Dr. Rudolf Voderholzer. In Nähe des Kirchenportals wird zur Erinnerung ein Flachrelief angebracht, geschaffen von Marion Abate.
Text u. Bilder: Erwin Vogl, Miltach (Bilder aus IDOWA)
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